Inna Levinson – Tempora Showa


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BAC//90/75/SI/HA/2018, 2018, oil on canvas, 90 x 75 cm


Tempora Showa by Inna Levinson marks the artist’s first solo exhibition with Circle Culture. Her paintings are the result of an intensive investigation of our reality that is shaped by new technologies. In her works, the artist uses fragmentary references to digital phenomena, scientific knowledge and philosophical perspectives in order to question the substance of reality in the age of digital transformation.

Characteristic of Levinson’s works is a grid-like structure, which results from the interplay of the paint and the surface of the canvas. In varying degrees of opacity, she applies oil paint with a palette knife on coarse jute fabric, keeping the texture of the canvas visible that thereby becomes an essential part of the image. The resulting works have a pointilist look and alternate between abstract shapes and vague or distorted human figures. The exhibition is comprised of paintings that deal with the influence of the digital on our perception.

The work SE//90/75/W /G/BL/2017 focuses on a subject that is popular on social media channels: the work shows a figure who takes a self-portrait with his/her smartphone. The artist has reduced the image to a few key elements. Hands and telephone materialize themselves in the foreground from pasty paint, while the face is barely recognizable. In the diptych D//SE/90/150/W/G/RO/2017, the hands and mobile phones are depicted in reduced forms and scaled to various dimensions, superimposing to a kaleidoscope-like view. The self-portrait has a long tradition in art in the mediums of painting and photography––with the smartphone selfie it has become an ephemeral mass phenomenon. In Levinson’s works, these portraits turn into stereotypical and unidentifiable, repetitive images. The topic of hands holding a smartphone is also the starting point of the work SE//180/150/R/G/B/W/2018. Levinson has reduced the gesture to the outlines and scaled it up to a monumental object that enters into competition with the human silhouette. The painting references the user interface of a digital image-editing program in which the hands have been cropped from their context, duplicated and blown up to a larger-than-life size. Levinson translates the aesthetics of computer desktops with their various windows layering over each other into collage-like compositions. Often, the works are characterized by a perspective that mimics the point of view that one takes in regard to a screen. By transferring the digital images into her works, she also places them in direct contrast to traditional subjects of painting, such as landscapes. In Levinson’s works, the view out of a window on the world is replaced by the view on a monitor, which levels body, space and perspective to a two-dimensional surface, ignoring proportions and making everything equally present.

The large-format painting E//200/300/M/GR/R/2018 shows the back of a muscular male body that seems to be cropped to fit into a rectangular frame, lacking legs and the left hand. The artist uses the giant body to address the possibilities of manipulation through digital image processing and the resulting distorted body images. In the second major work, E//200/300/W/GR/2018, an isolated leg in a high-heeled shoe moves acrobatically across the entire pictorial space. These works show almost surreal scenes, yet they derive directly from the conventions of digital imagery.

A recurring theme in Inna Levinson’s works are schematic depictions of the earth elements. By presenting these materials, the artist refers to the Five Element theory, which deals with energies that influence human beings and shape the material things on earth. In addition to the Five Elements as a reference to the attempt to describe reality, her works also contain parts that mimic molecular structures and thus focus on the scientific explanation of the natural world. By condensing the technical, medial, social, cultural and biochemical framework that shapes our reality, Levinson measures our contemporary time, which is rapidly and steadily changing with technological developments.

Inna Levinson (* 1984) studied Fine Arts at the University of the Arts (UdK) Berlin. She lives and works in Berlin.


Tempora Showa von Inna Levinson markiert die erste Einzelausstellung der Künstlerin mit Circle Culture. Inna Levinsons Malerei entsteht in intensiver Auseinandersetzung mit unserer von neuen Technologien geprägten Lebenswelt. In ihren Werken setzt die Künstlerin fragmentarische Bezüge zu digitalen Phänomenen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und philosophischen Denkmodellen ein, um nach der Substanz der Wirklichkeit im Spiegel des digitalen Wandels zu fragen.

Charakteristisch für Levinsons Werke ist eine rasterartige Struktur, die sich aus dem Zusammenspiel von Farbauftrag und Malgrund ergibt. In unterschiedlich starker Deckkraft trägt sie Ölfarbe mit dem Spachtel auf ein grobmaschiges Jutegewebe auf, wodurch die Beschaffenheit der Leinwand sichtbar bleibt und zum wesentlichen Bildbestandteil wird. Es entstehen pointilistisch wirkende Bilder, die zwischen abstrakten Gebilden und schemenhaft oder deformiert erscheinenden menschlichen Figuren changieren. Die Ausstellung vereint Werke, die sich mit dem Einfluss des Digitalen auf unser Erleben beschäftigen.

In dem Werk
SE//90/75/W/G/BL/2017 steht ein insbesondere aus den sozialen Medien bekanntes Motiv im Mittelpunkt: Die Arbeit zeigt eine Figur, die mit dem Smartphone ein Selbstporträt aufnimmt. In ihrem Werk hat die Künstlerin das Motiv auf wenige Schlüsselelemente reduziert. Hände und Telefon materialisieren sich im Vordergrund aus der pastösen Farbe, während das Gesicht kaum noch erkennbar ist. In dem Diptychon SE//90/150/W/G/RO/2017 überlagern sich die reduziert und in unterschiedlicher Vergrößerung dargestellten Hände und Mobiltelefone zu einer kaleidoskopartigen Ansicht. Das Selbstporträt hat in der Kunst eine lange Tradition im Medium der Malerei und der Fotografie – mit dem Smartphone-Selfie ist es zum flüchtigen Massenphänomen geworden. In Levinsons Arbeiten gerieren die Bildnisse zu stereotypen und identitäslosen, repetitiven Abbildern. Das Thema der ein Smartphone haltenden Hände ist auch der Ausgangspunkt der Arbeit SE//180/150/R/G/B/W/2018. Die Geste hat Levinson auf die Umrisse reduziert und zu einem monumentalen Objekt erhoben, das hier mit der menschlichen Silhouette in Konkurrenz tritt. Das Bild zitiert die Arbeitsfläche eines digitalen Bildbearbeitungsprogramms, in dem das Bildelement aus seinem Kontext gelöst, dupliziert und überlebensgroß aufgebläht wurde. Die Ästhetik von Computerbildschirmen mit ihren verschiedenen Fenstern, die sich in mehreren Ebenen überlagern, übersetzt Levinson in ihre Kompositionen, die sich collageartig zusammenfügen. Oftmals zeichnen sich die Werke durch eine Perspektive aus, die den Standpunkt imitiert, den der Mensch zum Bildschirm einnimmt. Indem sie die digitalen Vorbilder in ihre Werke überträgt, setzt sie die Bilder auch in direkten Kontrast zu traditionellen Sujets der Malerei, wie etwa dem Landschaftsbild. An die Stelle des Blickes aus dem Fenster auf die Welt tritt in Levinsons Werken der Blick auf den Monitor, der Körper, Raum und Perspektive in eine zweidimensionale Fläche nivelliert, Proportionen ignoriert und alles gleichermaßen präsent erscheinen lässt.

Das großformatige Gemälde
E//200/300/M/GR/R/2018 zeigt die Rückansicht eines muskulösen Männerkörpers, der sich in ein gedachtes Bildgeviert einzufügen scheint, sodass die Beine und die linke Hand in der Darstellung fehlen. Mit dem hünenhaften Körper thematisiert die Künstlerin die Manipulationsmöglichkeiten durch die digitale Bildbearbeitung und die damit einhergehenden verzerrten Körperbilder. Als Pendant steht in der zweiten großen Arbeit E//200/300/W/GR/2018 ein vereinzeltes Bein in einem Damenschuh gegenüber, das sich in einer artistischen Bewegung über den gesamten Bildraum erstreckt. Es sind beinahe surreale Szenen, die die Künstlerin kreiert, und die sich dennoch unmittelbar aus den Konventionen der digitalen Bilderwelt speisen.

Ein wiederkehrendes Motiv in den Arbeiten von Inna Levinson ist die schematische Darstellung der Erdelemente. Damit verweist die Künstlerin auf die Lehre der Fünf Elemente, welche sich an Energien orientiert, die den Menschen beeinflussen und das Materielle auf der Erde formen. Neben den Fünf Elementen als Verweis auf den Versuch einer Wirklichkeitsbeschreibung finden sich in ihren Werken auch Bildelemente, die molekulare Strukturen nachahmen und damit die naturwissenschaftliche Welterklärung in den Blick nehmen. In der Verdichtung des technischen, medialen, gesellschaftlichen, kulturellen und biochemischen Gefüges, das unsere Wirklichkeit formt, vermisst Levinson unsere Gegenwart, die sich durch technologische Entwicklungen rasant und stetig verändert.

Inna Levinson (*1984) studierte Bildende Kunst an der Universität der Künste (UdK) Berlin. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

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